10.12.2014 – Das Argument ist kein neues: Bio-Lebensmittel, nachhaltig produzierter Strom und fair gehandelter Kaffee sind was für die obere Mittelschicht, Textilprodukte und Einrichtungsgegenstände fernab des Massenkonsums etwas für Menschen mit Geld. Kurz: ethische Kaufentscheidungen zu treffen muss man sich leisten können.
Dass das jedoch nicht viel mehr ist als eine Binsenweisheit, habe ich bereits vor einigen Jahren gelernt, als unsere progressive Studenten-WG beschloss, etwas mehr Geld auszugeben und dafür nachhaltig produzierten Strom zu beziehen. Eine Entscheidung mit Überraschungseffekt. Denn: Fast sämtliche der Ökostromanbieter stellten sich als deutlich günstiger heraus als unserer, also der mit dem „schmutzigen“ Strom. Das war das erste, jedoch bei weitem nicht das letzte Aha-Erlebnis dieser Art in meiner persönlichen Laufbahn als Konsument.
Vorurteile abbauen
Derartige Vorurteile halten sich in unserer Konsumgesellschaft hartnäckig und sind so falsch wie schädlich. Denn so wird der dem Menschen eigene Impuls, seinen Mitmenschen nicht bewusst Schaden zufügen zu wollen, zu einer Prestigefrage stilisiert – und Konsumgüter mit ethischem Mehrwert zu Statussymbolen.
Denn im Grunde ist es doch ganz einfach. Wer bewusst abwägt (das setzt natürlich auch ein gewisses Maß an Informiertheit voraus), ob er nun ein T-Shirt kauft, das mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Kind oder zu einem Stundenlohn von 10 Cent hergestellt wurde; oder doch lieber eines, dass unter fairen Bedingungen von einem verhältnismäßig gesunden und glücklichen Menschen produziert wurde – der wird sich wohl tendenziell für letztere Variante entscheiden. Mit Kant würden wir in etwa sagen: Wenn Du nicht wollen kannst, dass alle Menschen ohne Ausnahme zu jeder Zeit Sklavenarbeit unterstützen, dann tu es auch selbst nicht. Oder: Der Mensch darf nicht nur Mittel zum T-Shirt sein.
Der Mensch ist aber auch Homo Oeconomicus, das heißt sein Handeln folgt einer Präferenzordnung. Wenn also die ethische Kaufentscheidung deutlich teurer ist als die andere, ist es wahrscheinlich, dass Sozialverträglichkeit auf der Prioritätenliste nach unten rutscht, vor allem dann, wenn die finanziellen Mittel begrenzt sind. Ob sie das nun wirklich ist, oder nur so empfunden wird, hat letztlich dasselbe Ergebnis zur Folge. Stempel: „nicht massentauglich“.
Fakten, Fakten, Fakten
Auch wir bei Photocircle haben, wie so viele Hersteller und Vertreiber nachhaltiger Produkte, mit dem Klischee der teureren sozialen Alternative zu kämpfen. Dabei sind wir eigentlich – wie viele andere ethisch wertvolle Produkte und Dienstleistungen – nicht teurer, sondern sogar günstiger als die etablierte Konkurrenz. In Sachen Fotodruck zählen in Deutschland beispielsweise WhiteWall und posterXXL zu den großen Marktführern: WhiteWall gilt bei Vielen als führend in Qualitätsfragen, posterXXL besitzt dagegen eher das Image des Massenproduzenten mit günstigen Preisen. Beide Merkmale besitzen einen gewissen Reiz für den Endverbraucher, je nachdem, worauf der Fokus liegt. Also haben wir uns einmal hingesetzt und sind für unsere beiden beliebtesten Produkte – Acrylglas und Alu Dibond – der Reihe nach die unterschiedlichen Formate und dazugehörigen Preise aller drei Anbieter durchgegangen. Und waren vom Ergebnis zugegebenermaßen selbst recht erstaunt.
Beim weiterscrollen nähert Ihr Euch also langsam aber sicher einer bedrohlich umfangreichen Ansammlung von Zahlen. Was hieran jedoch eigentlich interessant ist, ist die Verteilung der Farben grün und rot. Grün ist gleichbedeutend mit dem günstigsten Angebot, rot dagegen mit dem teuersten. Was auffällt, ist: Die Grünverteilung hat deutlich Schlagseite in Richtung Photocircle.
Noch einen Schritt weitergedacht sind wir für Acrylglas im Schnitt 6 Prozent erschwinglicher als WhiteWall und 12 Prozent günstiger als posterXXL (Ihr erinnert Euch: das sind die mit den tollen Preisen). Für Alu Dibond ist der Kontrast sogar noch extremer – dort sind es im Schnitt 14 beziehungsweise 13 Prozent. Zusammenfassend bedeutet das: Unsere Produkte sind erschwinglicher als die der Konkurrenz. Das ist der Fall, obwohl wir sogar noch sechs Prozent der Einnahmen aus dem Druckgeschäft an Entwicklungs- und Bildungsprojekte spenden.
Die Moral von der Geschicht’
Dieser Text ist ein Plädoyer: Ebenso wichtig, wie die sozial- oder ökologisch-wertvolle Seite des Angebots sozialer Unternehmen zu beleuchten, ist es, mit dem Stereotyp aufzuräumen, unsere Produkte richteten sich naturgegeben an einen bestimmten Menschenschlag. Denn was wir alle auf lange Sicht anstreben ist doch eigentlich, genau diese Logik zu durchbrechen, und unsere „Alternative“ vom Nischen- in den Mainstream-Bereich zu verschieben, die Ausnahme zur Norm zu machen. Und das geht nur, wenn mit solchem Irrglauben aufgeräumt wird.
Zur Autorin:
Katrin ist Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim Berliner Social Startup Photocircle. Von dort aus verbreitet sie die frohe Kunde, dass man mit dem Kauf von Fotokunst die Welt ein bisschen besser machen kann: Photocircle verkauft hochwertige Fotokunst online. Mit jedem Kauf fließen je nach Bild bis zu 50% des Gesamtpreises in ein Bildungs- oder Entwicklungsprojekt in der Region, in der das Bild entstanden ist.